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DAIDALOS


16
August
Rom und Ostia

Ein Ausschnitt des berühmten Modells von I. Gismondi des kaiserzeitlichen Roms lässt vor unseren Augen eine Stadt entstehen, die sich auf den ersten Blick kaum von einer modernen Stadt zu unterscheiden scheint. Großartige öffentliche Bauten und Tempel sind eingebettet in Wohnviertel mit zweigeschossigen Wohnbauten mit kleinen Gärten und eng aneinandergerückten Mehrgeschoßbauten, erschlossen durch ein Netz kleiner Straßen und enger Gassen. Das antike Rom, hervorgegangen aus einer kleinen dörflichen Siedlung des 8. Jh. V. Chr., wucks zur Hauptstadt eines mächtigen Imperiums heran, die sich schließlich über sieben Hügel ausdehnte. Das Rom der Kaiserzeit stellte sich als ein dichtes Gefüge vielgestaltiger öffentlicher und privater Bauten dar, in dem weitläufige, unbebaute Grundstücke Luxus waren und Grundstückspreise und Mieten wiet über dem italischen Durchschnitt lagen. Nur sehr wohlhabende Bürger konnten sich ein villengleiches Haus auf den luftigen Hügeln oder am ruhigeren Stadtrand leisten und wurden um diesen Luxus beneidet, denn Rom, so beklagte sich der Dichter Martial, sei tagsüber zu laut, um arbeiten zu können, und nachts zu laut, um Schlaf zu finden, während die Hausterrassen des Wohlhabenden auf Bergspitzen blicken : … Du hast ein Landgut in der Stadt, in Rom Winzer …(Martial 12.57)
Die Wohnformen, die man in der Stadt antraf, waren so vielfältig wie de Bevölkerung. Auf der einen Seite die Römer, die auch in der Stadt auf weitläufige Gärten nicht verzichten mussten, die über kleine private Thermenanlagen verfügten und zu deren Hausstaat Köche zählten, die die Abendgesellschaften mit ausgefallenen Diners verwöhnten ; auf der anderen Seite die Menschen, die nur eine kleine Mietwohnung oder gar nur ein Zimmer in einem Hochhaus bewohnten, die sich de einzige Latrine im Erdgeschoß mit den übrigen Bewohnern teilten, die, wenn sie ein Bad nehmen wollten, das Haus verlassen und eine öffentliche Therme aufsuchen mussten und die, wenn sie eine warme Speise zu sich nehmen wollten, auf eine der zahlreichen Garküchen angewiesen waren, weil sie keine Küche besaßen und ihnen höchstens ein kleiner tragbarer Bronzeherd zur Verfügung stand ; schließlich noch die, die sich gar keine Wohnung leisten konnten und die die Nächte unter den Brücken oder in den Schankräumen der Gaststätten verbrachten.
Die Überreste der zahlreichen Wohnhäuser des kaiserzeitlichen Roms werden heute flächendeckend von der modernen Stadt überdeckt und treten nur vereinzelt und zumeist sehr fragmentarisch zutage. Diese disparate Überlieferungslage wird durch zahlreiche Schriftquellen wie auch den Erhalt einzelner Marmorfragmente eines ursprünglich 235m2 umfassenden Stadtplans (Forma Urbis) von Rom, der während der Regierungszeit des Septimius Severus angefertigt wurde und im Templum Pacis ausgestellt war, bis zu einem gewissen Grad aufgewogen.
Im Gegensatz dazu vermittelt uns Ostia, die Hafenstadt an der Tibermündung, einen lebendigen Eindruck einer kaiserzeitlichen Kleinstadt. Die reichen Befunde ermöglichen uns einen Gang durch die von Geschossbauten flankierten Straßen und scheinen geradezu die nicht erhaltenen, unsichtbaren römischen Zustände zu illustrieren. So ergänzen sich die Überlieferungssituationen zweier vom Charakter unterschiedlicher Städte, die in der Antike eng miteinander verknüpft waren.
Ostia erwuchs aus einem Heerlager der Mitte des 4. Jh. V. Chr., dessen Hauptstraßen, der Cardo Maximus und der Decumanus Maximus, auch für die anwachsende Kleinstadt bestimmend blieben. Das Stadtbild wurde bis in die frühe Kaiserzeit hinein von einzelnen Magazinbauten und Domus bestimmt, die eine großzügige Bebauung erkennen lassen. Es wandelte sich erst seit dem 1. Jh. n. Chr. mit der steigenden Bedeutung der Stadt als Handels- und Speicherplatz grundlegend durch den Bau zahlreicher mehrstöckiger Wohnbauten. Anders als Pompeji wurde Ostia nicht mit einem Schlag seiner Existenz beraubt oder – wie Rom – bis in unsere Zeit kontinuierlich bewohnt und überbaut, sondern seit Beginn der Spätantike von seinen Bewohnern nach und nach verlassen, bis es im 9. Jh. n. Chr. vollkommen aufgegeben wurde und versandete. Grabungen, die im Stadtgebiet bereits seit Anfang des 20. Jh. unternommen wurden, fanden ihren vorläufigen Höhepunkt in der sogenannten ‘Großen Grabung’ unter Guido Calza zwischen 1938 und 1942, während der 34ha, etwa zwei Drittel der antiken Stadt, ausgegraben wurden.
Die Wohnen in Rom und Ostia zu analysieren heißt, zwei Städte mit unterschiedlichen städtebaulichen Konzepten zu betrachten, die in der Hauptstadt des Imperiums und der Hafenstadt beziehungsweise dem späteren Handelszentrum durchaus unterschiedliche Leben- und Wohnstile hervorbrachten. So waren zwar einzelne grundlegende Wohnformen in beiden Städten identisch, darüber hinaus wurden aber auch in Größe und Funktion der jeweiligen Stadt entsprechende Gebäudekomplexe errichtet, die häufig auf die Bedürfnisse einzelner dominierender Bevölkerungsschichten zugeschnitten waren. Im folgenden werden am Beispiel von Rom und Ostia die am weitesten verbreiteten städtischen Wohnformen der Kaiserzeit vorgestellt und dir große Spannbreite zwischen ihnen aufgezeigt.
- Claudia Liedtke

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